Sadko G. Solinski

  • seine Biografie
  • sein Werk
  • seine Bücher

Im Dezember 2005 verstarb einer der bedeutendsten Reiter und Pferdemenschen auf dem Gebiet der anspruchsvollen Freizeitreiterei der letzten 40 Jahre. - Sadko Günter Solinski -

1937 in Polen geboren, kam er als Kriegsflüchtling mit seiner Familie an den Bodensee und wuchs ab 1944 in der Schweiz auf. Ab dem 9. Lebensjahr erhielt er regelmäßig Reitunterricht bei dem Rittmeister a. D. Carl von Zschock. Ab 1950 ritt er erste Turniere in Dressur und Military, 1954 erwarb er die schweizer Rennreiterlizenz.

...und doch, war er auf der Suche, auf der Suche nach dem wirklichen pferdegemäßen Reiten.

Nach dem Abbruch seines Chemiestudiums und Beendigung des Militärdienstes in der schweizerischen Kavallerie , hielt er sich 1957 in Spanien, Portugal und Südfrankreich, dort in der Camargue, auf. Ende 1957 zog er entgültig in die Camargue um und begann dort eine, damals noch 5 Jahre dauernde Gardianlehre. Neben dem damals noch üblichen groben Einbrechen junger Pferde, lernte er auch eine feine, "weichere" Art und Weise Pferde pferdegemäß kreativ anzureiten und auszubilden von seinem Patron F. Ferraud kennen. Diese Art mit Pferden umzugehen und mit ihnen zu arbeiten, prägten sein weiteres Reiterleben.

Er lernte den Unterschied zwischen Dressur und Gymnastizieren kennen - den Unterschied zwischen akademischem Reitersitz mit aufgestelltem Becken, angezogenem Kreuz, Sitz auf den Oberschenkeln, Knieschluß, kurzen Bügeln und ständig anstehenden Zügeln und Dressurhilfen mit ständigem " An-die-Hilfen-stellen" des Pferdes, und dem lockeren Gebrauchsreitersitz der Stierhirten Südwesteuropas mit nach hinten abgekipptem Becken, losgelassener Rückenmuskulatur, offenen Oberschenkeln, locker am Pferdeleib herabhängenden langen Beinen und einhändiger Zügelführung mit losen Zügeln, dem Reiten vorrangig mittels Gewichts- und Schenkelhilfen und dem immer wieder neuen individuellen Eingehen auf jedes Pferd in Form eines ständigen Dialoges zwischen Pferd und Reiter. "Éscoutes toun chivau!" - Lausche in dein Pferd! - Waren Worte, die er während seiner Lehrzeit von dem Manadier oder vom Baile-Gardian, seinem direkten Vorgesetzten und Freund, Jan Bounias, immer wieder hörte. Auch lernte er, wann es im Umgang mit Pferden und Stieren Zeit ist, gewähren zu lassen und wann einzugreifen und er lernte auf die Seite des Pferdes zu treten.

Nach Beendigung der Gardianlehre, 1962, arbeitete er als Journalist in Köln, um dort u. a. in der Theorie Antworten auf seine Fragen nach dem "Warum" der Verschiedenheit der Reitweisen und Umgehensweisen mit Pferden, dem "Woher" bzw. dem Hintergrund der südwesteuropäischen, sich so grundlegend unterscheidenden naturgemäßen Form, und dem "Woher" ihrer sich so deutlich in Körperbau und Charakter von anderen Pferderassen unterscheidenden Kompaktpferde, zu erhalten. Doch auch in Hörsälen und bei Gesprächen mit verschiedenen Wissenschaftlern fand er keine plausiblen Erklärungen auf seine Fragen. So kehrte er 1963 nach längeren Aufenthalten in England und Schottland nach Südfrankreich zurück. Dort arbeitete er bei einem Bekannten aus der Camargue, der in der Hochprovence ein Wanderreithotel eröffnet hatte, als Bereiter und Reitlehrer.

Parallel dazu ging er weiter seinen Nachforschungen nach dem Ursprung der südwesteuropäischen Pferde und des Umgangs mit ihnen nach und stieß so, durch die Bekanntschaft zweier Ethnologen, auch auf das Berbervolk und ihre Pferde.

Dieses "Dahinter steigen" -Wollen, "Der Sache auf den Grund gehen" -Wollen (beliebte Ausdrücke S.G.S.'s ), zieht sich wie ein roter Faden durch Sadko Solinski's Leben. Er studierte auch in den folgenden Jahren neben den bedeutenden Werken bekannter Reitmeister wie Pluvinel, La Guérinière, Steinbrecht,..., eingehend und tiefgründig ethnologische, linguistische, vergleichend religionswissenschaftliche, archäologische, kulturhistorische und psychologische Werke (außerdem Werke der Bereiche Alchemie, Geologie, Phythologie, Buddismus, Werke chinesischer Philosophen, die chin. Schriftzeichen, die Tiefenpsychologie nach Jung, ...).

1968 arbeitete er als Bereiter und Reitlehrer in einem Militaryzentrum in Avignon und war Schüler von P. Marry C.T.R..

1972 erwarb er das bronzene und silberne französische Reitabzeichen und schrieb als Frankreichkorrespondent für die "Freizeit im Sattel", für deren Magazin - damals noch "Ponypost", regelmäßig Essays und Berichte. Im gleichen Jahr erschien sein erstes Buch "Reiter der Camargue" im P.Parey Verlag. In diesem Buch beschreibt er das Gebiet der Camargue, seine Bewohner, seine Pferde und Stiere, seine Geschichte und Traditionen.

1974 war gleichsam ein bedeutendes Jahr für S.G.Solinski, erschien doch sein 2. Buch "Der Wanderreiter und sein Pferd", herausgegeben von Ursula Bruns im Müller Rüschlikon Verlag, in dem es um die Kriterien des Wanderreitpferdes und seiner Ausrüstung, die Haltung und Wartung und das Training für Wanderritte geht. -Und, der Umzug in das Mas du Malibaud in Barjac im Dépt. Gard stand an. Das Mas du Malibaud war ein ehemaliges, altes im typischen südfranzösischen Stil erbautes und renoviertes Bauernhaus aus Kalksandstein, umgeben von insgesamt 12 ha eigenen und gepachteten Ödlandweiden und einem 2 ha großen Auslauf. S.G.S. erwarb rohe Camarguepferde und Camarguepferdekreuzungen und gymnastizierte diese zuerst an der Hand spazierenführender- und longierenderweise, später unter dem Sattel und trainierte sie schließlich monatelang für die vielen, teilweise mehrere Wochen dauernden Wanderritte, die er ab 1975 mit seinen Wanderreitgästen unternahm.

1975 eröffnete er sein Reit- und Wanderreitzentrum " Centre International de Cavaliers de Loisirs", in dem er seinen Reitgästen die Gardianmethode, später die Berbermethode in der Pferdegymnastizierung näher brachte und sie auf Wanderritte durch die südfranzösischen Landschaften der Ardeche, der Cevennen, der Provence bis hinab in die Camargue führte.

1975 erschien das 3. Buch " Abenteuer Camargue", in dem es um persönliche Erlebnisse und Erfahrungen während der Zeit als Gardianlehrling in der Camargue geht, im P.Parey Verlag.

Allein den optimalen Wanderreitsattel hatte S.G.Solinski noch nicht gefunden: Camarguesättel zwar optimal in der Gewichtsverteilung auf dem Pferderücken aber zu schwer und zu unhandlich; englische Flachsättel, zwar leicht aber ungenügende Auflagefläche auf dem Pferderücken;...- der kanadische McClellan-Sattel, welcher in der nordamerikanischen Kavallerie eingesetzt worden war, erschien ihm geeignet, eine gute Gewichtsverteilung mit großer Auflagefläche, viele Befestigungsmöglichkeiten für das Gepäck und wenig Gewicht, lediglich erschien er ihm zu schmal gebaut. Er entwickelte zusammen mit dem Sattlermeister der Sattlerei Malibaud, A. Mohamed, verschiedene Freizeitreitersättel auf der Basis von McClellan Sätteln: den "Malibaud - Randonnée" und den "Malibaud - Gardian" für Wanderreiter und Berufsreiter, den "Malibaud - Ecuyer" für die Hohe Schule und Stierkampfreiter.

Da ihm die eisernen, mit Zacken versehenen Kappzäume der Camargue und Spaniens (Cavecon und Serreta) als zu scharf für den Freizeitreiterbedarf erschienen, die großen, dick gepolsterten aus der englischen Reiterei als zu klobig und unpräzise, entwickelte er 1977, ebenfalls zusammen mit A. Mohamed, den "Malibaud - Pluvinel", einen einfachen, ledernen Kappzaum, der präzise und sanft zugleich wirkt.

1978 hielt er Vorträge über die Camargue und die Gardianreitweise in Wien und Niederösterreich.

1981 schrieb er sein 4. Buch "Reiter, Reiten, Reiterei", erschienen im Olms Verlag, in dem es vornehmlich um die Geschichte, das " Woher", der verschiedenen Reitereien und deren Auslegung und um das Reiten an sich geht.

1982 weilte er als Schüler bei dem bekannten Maître-Ecuyer Nuno Oliveira in Avessada in Portugal, wo er dem Meister täglich stundenlang beim Arbeiten seiner Pferde zusah, beobachtete und reflektierte, selbst zweimal täglich Unterricht zu Pferde erhielt und bis spät in die Nächte hinein Diskussionen mit N.Oliveira führte.

Noch lehrte er seinen Schülern in Kursen in seinem Reitzentrum und bei Kursen im Ausland, in der Schweiz und Deutschland, die Gardianmethode beim Spazierenführen und Longieren, wie er sie auch in seinem 5. Buch "Das Gymnasium des Freizeitpferdes", welches 1990 im Olms Verlag erschien, beschrieb, wobei er bereits in diesem Buch das wirkungsvollere "Hinter das Pferd treten" der Berbermethode ansprach.

Ab 1994 bestätigten sich u.a. durch die Entdeckung und Erforschung der Grotte Chauvet unweit von Vallon-Pont-d'Arc und die Zusammenarbeit mit verschiedenen Berufswissenschaftlern verschiedener Fachgebiete seine Thesen, auf die er u.a. das südwesteuropäische Selbst- Verständnis für die Natur, die grundlegend andere Umgangs- und Reitweise und den Stierkult zurückführte, dass z.B. die Solutré-Pferde die Stammeltern aller südwesteuropäischen Pferderassen und die des Bergberber-Pferdes sind, oder dass bereits vor 30000 Jahren große gemischte Herden in dem Gebiet Occitaniens lebten zu denen auch der Mensch gehörte. In seinem 6. Buch "ABC des Freizeitreitens", erschienen 2000 im Olms Verlag, bearbeitet er eingehend diese Thematik, ebenso finden sich in diesem Buch die Beschreibung der Berbermethode und ein Fachwörterbuch der freizeitreiterlichen Begrifflichkeiten. Auch ist in diesem Buch der Nachweis, anhand einer unabhängigen Neuübersetzung des 6. Kapitels aus La Guérinière's "École de Cavalerie" , festgehalten, dass La Guérinière, aufgrund im Laufe der Zeit sich sprachlich verändernder Wortbedeutung, verkehrt in die deutsche Sprache übersetzt wurde.

Freizeitreiten-Lohhof

Seit den neunziger Jahren lehrte er seinen Reitgästen nunmehr ausschließlich die wirkungsvollere Berbermethode bei der Arbeit der Pferde an der Hand.

Der Reitbetrieb schloss seine Pforten offiziell 1997 aufgrund gesundheitlicher Probleme S.G.S.. Dennoch empfing er weiterhin Stammgäste und einige neue, wirklich interessierte Reitgäste. Auch im Ausland hielt er noch vereinzelt Kurse ab - der letzte fand im Sommer 2004 in der Schweiz statt.

Im Jahre 1999 waren von seinen 6 eigenen und diversen Berittpferden nur noch 2 eigene, Garrigaud und Ibis, und ein fremdes Jungpferd, Icaro, übriggeblieben. Alle Pferde waren trotz teilweise erheblicher körperbaulicher Mängel und -zig tausender Wanderrittkilometer frei von Bein- oder Rückenleiden und wurden bis kurz vor ihrem Tod noch regelmäßig an der Hand und unter dem Sattel gearbeitet und brillierten durch geschmeidige, katzenhafte Beweglichkeit, einem hohen Maß an Versammlung, Aufrichtung und Biegungsfähigkeit.

Die gesamte Ausbildung Icaros beschrieb er in Form eines Tagebuches in seinem 7. und letzten Buch "Pferdegymnastik", erschienen 2005 im Olms Verlag. In diesem Buch fasste er die Elemente des Umgangs, der Haltung und der Gymnastizierung nach der Berbermethode nochmals zusammen und wies auf die Probleme und Fehler im Umgang, der Arbeit an der Hand, des Reitens und die Problematik und Gefahren von "scheingymnastischen" Übungen hin.

Bis wenige Monate vor seinem Tod erteilte Sadko Solinski noch Unterricht mit und auf seinem nun letzten noch übrig gebliebenen Pferd, Ibis.

Im Dezember endete sein Leben, welches er gänzlich in den Dienst der Pferde und des Freizeitreitens gestellt hatte und er hinterlässt der Nachwelt mit seinem Werk in schriftlicher Form sowie in den Erinnerungen seiner Schüler ein großes Erbe und Geschenk

Aus SGS " Pferdegymnastik":

"Wer mit den Zügeln dem entspricht, was er über das Gebiß des Pferdes erfühlt, und mit der Hand dem, was er über die Zügel erspürt, und mit seinem Geist dem, was er in der Hand erfühlt, der braucht keine Augen, um vorauszusehen, und keine Gerte mehr, um seine Pferde anzutreiben

Geistig entspannt und dennoch entschieden, führt er die lockeren Zügel... Die Hufe seiner Pferde fußen prompt dort auf, wohin er sie setzen wollte, und seine Pferde werden wenden, vorwärts und rückwärts gehen mit höchster Genauigkeit."

(Zitat von Lie-zi, China 400 v. Chr.)